Cybergewalt: Wie kann ich mich wehren?
Was ist Cybergewalt gegen Frauen?
Elif wird auf Snapchat beschimpft und bedroht. Maria bekommt von einem fremden Mann sexuell anzügliche Nachrichten. Jasmin erhält von einem Fremden Vergewaltigungsdrohungen auf Facebook. Lea wird ohne ihr Wissen gefilmt und das Video im Internet veröffentlicht. Marias Mann spioniert sie über eine Tracking-App aus. Lydias Exfreund veröffentlicht Nacktfotos von ihr auf Instagram. All das sind Fälle von Cybergewalt gegen Frauen. Und es sind leider keine Einzelfälle: Frauen und Mädchen sind aufgrund ihres Geschlechts häufiger von Gewalt betroffen als Männer – und das gilt auch für Cybergewalt/Online-Gewalt.
Eine Studie der Universität Wien kommt zu dem Ergebnis, dass jede dritte Frau bzw. jedes dritte Mädchen Gewalt im Netz erfährt (Studie der Universität Wien 2018). Aus der Arbeit der Frauen- und Mädchenberatungsstellen wissen wir, dass die Folgen von Online-Gewalt häufig ähnlich sind wie bei anderen Gewaltformen: Für Betroffene sind diese Erfahrungen oft extrem belastend, manchmal traumatisierend.
Gesetze schützen Betroffene
Das Internet ist kein rechtsfreier Ort und Cybergewalt ist kein „Kavaliersdelikt“. Im Jahr 2020 wurde in Österreich das Hass-im-Netz-Gesetzespaket beschlossen. Damit wurden die Rechte von Betroffenen von Cybergewalt gestärkt. Folgende Delikte sind in Österreich unter anderem strafbar: Cybermobbing (§ 107c Strafgesetzbuch), Verhetzung (also Beschimpfungen oder der Aufruf zu Gewalt oder Hass, § 283 Abs. 1 Z 1 StGB) und Cyberstalking (§ 107a StGB). Betroffene haben die Möglichkeit gegen Cybergewalt vorzugehen – dabei können Beratungsstellen unterstützen: Zum Bespiel gibt es ein Eilverfahren, damit Inhalte schnell gelöscht werden (Mandatsverfahren nach § 549 Zivilprozessordnung).
Anlaufstellen für Betroffene
Eine Studie kam zu dem Ergebnis, dass sich nur zirka eine von fünf Betroffenen nach den schlimmsten Online-Erfahrungen Unterstützung holt. Die meisten Frauen, die Cybergewalt erleben, ziehen sich aus der Online-Welt zurück: Mehr als ein Viertel der Betroffenen nützt soziale Medien weniger oder löscht sogar ihr Profil (Studie der Universität Wien 2018).
Dabei ist es aus mehreren Gründen sinnvoll professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Beratungsstellen haben Erfahrung im Umgang mit Cybergewalt. Sie können einschätzen, wann eine Anzeige möglich bzw. aussichtsvoll ist. Sie begleiten Betroffene im Falle eines Prozesses kostenfrei. Sie können dabei helfen, dass Inhalte schnell gelöscht werden. Und sie sind für Sie da, wenn Sie über Ihre Gefühle sprechen möchten. Personen, die Gewalt erlebt haben, haben oft das Gefühl, sie wären alleine mit ihren Erfahrungen. Das muss nicht so sein. Suchen Sie sich Personen, denen Sie vertrauen, und sprechen Sie mit ihnen darüber, was Ihnen passiert ist. In Gewaltschutzzentren und Frauen- und Mädchenberatungsstellen werden Sie von Expertinnen und Experten begleitet. Mit der Beratungsstelle ZARA #GegenHassimNetz gibt es in Österreich außerdem eine spezialisierte Beratungseinrichtung für Cybergewalt.
Was kann ich tun?
Nicht jedes hasserfüllte Posting ist strafbar und nicht alle Betroffenen möchten Anzeige erstatten. Es gibt auch andere Möglichkeiten sich vor Cybergewalt zu schützen, sich zu wehren und Betroffene zu unterstützen:
- Inhalte melden: Eine mögliche Reaktion auf Cybergewalt ist es die Löschung von Inhalten zu beantragen. Betroffene können verletzende oder gewaltvolle Inhalte den Betreiberinnen und Betreibern von Social-Media-Plattformen melden.
- Das eigene Umfeld gestalten: Generell lohnt es sich darüber nachzudenken, wie man das eigene Online-Umfeld gestaltet: Welche Inhalte und welche Personen möchte ich sehen? Was belastet mich? Manchmal kann es eine Erleichterung sein, bestimmte Personen, Gruppen oder Seiten stummzuschalten, ihnen zu „entfolgen“ oder sie zu blockieren. Damit werden die Inhalte zwar „nur“ für Sie unsichtbar, aber genau das kann Ihnen guttun.
- Gewalt benennen und dagegenreden: Benennen Sie Gewalt als solche, wenn Sie auf hasserfüllte Kommentare oder Nachrichten reagieren. („Das ist sexistisch/frauenfeindlich/…“) Hass im Netz bleibt so nicht unwidersprochen stehen. Selbst wenn Sie damit nicht die Erstellerinnen und Ersteller der Hasspostings überzeugen, senden Sie ein wichtiges Signal an Betroffene. Sie zeigen ihnen, dass sie nicht alleine sind.
- Persönliche Konfliktlösung: Manchmal wird Betroffenen empfohlen, dass sie direkt mit den Personen in Kontakt treten sollen, die sie online beleidigen/beschimpfen/bedrohen. Das ist allerdings nicht immer ratsam. Manchmal kann das sogar dazu führen, dass die Belästigung noch schlimmer wird.