Hidden at work: Betroffene von Frauenhandel erkennen und unterstützen
Was ist Frauenhandel?
Frauenhandel ist eine Form von Gewalt, bei der Frauen und Mädchen (unter anderem durch Gewalt) in eine Zwangslage gebracht und in dieser Situation ausgebeutet zu werden.
Oft werden zuerst Versprechungen gemacht und falsche Tatsachen vorgetäuscht. Meist sind die Betroffenen in einer wirtschaftlichen Zwangslage und es fehlt ihnen an Alternativen. Oftmals geht die Ausbeutung mit Nötigungen (zum Beispiel Abnahme der Dokumente), Demütigungen, Drohungen bis hin zu körperlicher Gewalt einher.
Frauenhandel kann in allen Arbeitsbereichen stattfinden. Eine der Herausforderungen liegt darin, dass Opfer von Frauenhandel oft in Arbeitsbereichen ausgebeutet werden, die außerhalb der Sichtbarkeit der Öffentlichkeit liegen (wie etwa im Haushalt, in der 24-Stunden-Betreuung oder in der Sexarbeit). Das macht es schwerer die Frauen zu erreichen. Durch gute Informationsarbeit - unter anderem durch Beratungsstellen - und regelmäßige Kontrollen (zum Beispiel durch die Polizei), können Frauen und Mädchen als Menschenhandelsopfer erkannt und in weiterer Folge geschützt werden.
Frauenhandel: strukturelle Probleme
Insbesondere Frauen in der Migration können schneller in Ausbeutungssituationen kommen. Sprachliche Hürden, erschwerter Zugang zum Wohn- und Arbeitsmarkt und fehlende soziale Netzwerke sind nur einige der Herausforderungen, denen Migrantinnen begegnen. Manchmal fehlt es auch an Wissen über ihre Rechte und Unterstützungsmöglichkeiten durch Beratungsstellen.
Professionelle Unterstützung
In Österreich gibt es eine Einrichtung, die darauf spezialisiert ist, Betroffene von Frauenhandel zu unterstützen: Die Interventionsstelle für Betroffene von Frauenhandel (IBF) arbeitet bundesweit im Auftrag des Bundeskanzleramtes - Frauenressort und des Bundesministeriums für Inneres. Die IBF setzt sich seit 1998 für die Rechte von Betroffenen ein und berät Frauen kostenfrei in vielen Sprachen.
Marys Geschichte: ein Fallbeispiel
Mary migrierte 2017 von den Philippinen nach Dubai, um dort als Hausangestellte eines Geschäftsmanns zu arbeiten. Am ersten Tag wurden ihr ihr Reisepass und alle Dokumente zur „sicheren Verwahrung“ durch den Arbeitgeber abgenommen. Mary war ihrem Arbeitgeber dadurch ausgeliefert. Sie wurde von Beginn an dazu gezwungen, weit mehr zu arbeiten als ursprünglich vereinbart. Mary war nicht nur für die Hausarbeit (wie Reinigung und Wäsche waschen) zuständig, sondern musste auch die Kinderbetreuung, die Versorgung der Haustiere und Gästebewirtung übernehmen. Mary musste rund um die Uhr verfügbar sein, sie wurde ständig kontrolliert und unter Druck gesetzt. Zu den Schikanen gehörte auch, dass Mary den Geschirrspüler, den Staubsauger und die Waschmaschine nicht verwenden durfte. Als der Geschäftsmann nach Wien versetzt wurde, musste Mary ihm folgen. In Wien änderte sich nichts an den Arbeitsbedingungen, es wurde jedoch schwieriger für sie, von dem wenigen Taschengeld, das sie erhielt, zu leben und Teile davon zur Familie zu schicken. Bereits in Dubai musste sie monatlich 60 Prozent ihres Lohns zurückzahlen – für Kost und Logis, obwohl Mary oft nur die Essensreste der Familie essen durfte.
Schließlich fand sie über Soziale Medien zur IBF - Interventionsstelle für Betroffene von Frauenhandel (LEFÖ-IBF), wo sie Hilfe und Unterstützung erhielt.
Wieso ist es so schwierig, sich aus Ausbeutungsverhältnissen zu befreien?
Betroffene von Frauenhandel werden oft gefragt; „Wieso bist du geblieben? Wieso bist du nicht gegangen?“. Diese Frage ist nicht hilfreich, weil sie die Schuld bei den Betroffenen sucht. Es gibt viele Gründe, wieso Betroffene von Frauenhandel „bleiben“ bzw. Angst haben, sich an eine Opferschutzeinrichtung zu wenden:
- fehlendes Wissen über die eigenen Rechte (etwa darüber, dass Betroffene von Frauenhandel Anspruch auf einen Aufenthaltstitel haben und Hilfe bekommen können),
- psychische oder physische Gewalt (etwa, wenn Menschenhändler und Menschenhändlerinnen Frauen Gewalt gegen sie oder ihre Familie androhen oder Gewalt ausüben)
- Mangelndes Vertrauen in Behörden oder Einrichtungen (Angst, sofort verhaftet zu werden, was von Menschenhändlern auch oft behauptet wird)
- bestehende (behauptete) Schulden für die Reise/Migration
- die Scham, dass das alles überhaupt passiert ist,
- die Angst obdachlos zu werden,
- der Druck hinsichtlich Aufenthaltsstatus oder fehlender Dokumente,
- keine oder wenig Sprachkenntnisse und Verständigungsschwierigkeiten,
- der Gedanke alles erduldet zu haben, um dann mit „leeren Händen“ zurück gehen zu müssen