Vom Taschengeld bis zur Pension: Reden wir über Geld!
Geld: ein heikles Thema
Noch immer ist Geld für viele ein Thema, das mit Stress und Angst verbunden ist. Sich mit den eigenen Finanzen zu beschäftigen kostet oft viel Überwindung. Besonders Frauen und Mädchen gehen häufiger davon aus, dass es ihnen finanziell einmal schlecht gehen wird. Einer aktuellen Erhebung zufolge, sehen sie ihre finanzielle Zukunft pessimistischer als Männer (Bankenverband 2022). Da es sich um ein unangenehmes Thema handelt, wird es oft weggeschoben.
Finanzielle Unabhängigkeit ist eine wesentliche Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben. Dafür ist es wichtig, dass sich Frauen selbstständig mit den eigenen Finanzen auseinandersetzen. Wissen rund um das Thema Geld hilft Frauen und Mädchen dabei informierte Entscheidungen zu treffen und langfristig finanziell unabhängig zu sein bzw. zu werden. Damit einhergehende Probleme sind, dass zwei Drittel aller armutsgefährdeten Personen Frauen sind, die Pension für Männer höher als jene für Frauen ausfällt und der Gender Pay Gap in Österreich 19 % beträgt.
Finanzentscheidungen anhand von Lebensphasen
Eine Nationale Finanzbildungsstrategie wurde vor dem Hintergrund ins Leben gerufen, dass Österreich Aufholbedarf im Bereich Finanzbildung hat. Für eine bestmögliche Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger wurden acht Lebensphasen identifiziert, in denen Finanzentscheidungen getroffen werden müssen und daher mit konkreten Finanzbildungsmaßnahmen unterstützt werden sollen: Schule, Weiterbildung, erster Beruf, Arbeitsleben, erste große Anschaffung, Vorsorgen für die Zukunft, Familienleben und Ruhestand. Frauen zählen zu einer wichtigen Zielgruppe der nationalen Finanzbildungsstrategie. Denn Frauen fühlen sich beim Thema Finanzen weniger informiert und stehen oft vor großen Herausforderungen.
Die unterschiedlichen Phasen und Momente im Leben, an denen „Weichenstellungen“ in Bezug auf die finanzielle Zukunft getroffen werden, beschreibt das Lebensphasenmodell. Es kann hilfreich sein, um über die eigene finanzielle Situation und das Verhältnis zu Geld/Finanzen nachzudenken, aber auch, wenn es darum geht, finanzielle Entscheidungen zu treffen. Die Lebensphasen können folgendermaßen beschrieben werden:
Kindheit: Unsere Einstellung zu Finanzthemen wird maßgeblich davon geprägt, welchen Umgang mit Geld wir als Kinder erlernen. Es beginnt beispielsweise damit, ob/wie Kinder über das eigene Taschengeld verfügen können: Wofür darf es ausgegeben werden? Darf das Kind selbst entscheiden? Welche Einstellung zu Geld innerhalb der Familie weitergegeben wird, ist ausschlaggebend für die Bildung einer eigenen Meinung. Das kann langfristige Auswirkungen haben: Wer etwa in der Familie gelernt hat, dass über Geld nicht gesprochen wird, wird später möglicherweise mehr Schwierigkeiten haben, im Job um mehr Geld zu verhandeln.
Berufswahl: Die Zeit der Berufswahl ist der nächste einschneidende Moment in unserem Leben. Wie finanziere ich ein eigenständiges Leben? In welchem Job verdiene ich wie viel? Wieso wird von meinem Gehalt so viel abgezogen? Und wie kann ich mir eine eigene Wohnung leisten? All diese Fragen sind entscheidend für den weiteren beruflichen und auch finanziellen Weg. Die Berufswahl hat nicht zuletzt einen großen Einfluss auf das spätere Gehalt: Während KFZ-Technikerinnen und Techniker – ein Lehrberuf, der noch immer überproportional oft von männlichen Lehrlingen gewählt wird – ein Mindesteinstiegsgehalt von € 2.370,00 haben, beträgt das Brutto-Einstiegsgehalt einer Friseurin oder eines Friseurs – einer der Top drei Lehrberufe bei Frauen – anfänglich nur € 1.600,00 (AMS Gehaltskompass 2022).
Mit dem Einstieg in die Arbeitswelt kommen für gewöhnlich zum ersten Mal auch Überlegungen zu Sparformen, Veranlagungen, Steuererklärungen auf. Die Mädchenberatungsstelle EqualiZ hat eine Link-Sammlung zum Thema Beruf und Karriere erstellt, in der sich von allgemeinen Informationen zum Thema Berufseinstieg, über eine Lehrbetriebsübersicht, bis hin zu Informationen zu Gehältern in unterschiedlichen Branchen viel Nützliches findet. In der Broschüre „Was verdient ihr eigentlich?“ greift die Frauenberatungsstelle Kokon auf, weshalb wir über das Thema Geld und Einkommen reden sollten.
Beziehung: Die Entscheidung darüber, ob man alleine oder in einer Partnerschaft leben möchte, stellt eine weitere wichtige Entscheidung dar, die auch finanzielle Konsequenzen haben kann. Mit dem Partner bzw. der Partnerin zusammenzuziehen, Fixkosten und Haushaltskosten zu teilen, kann unter anderem finanzielle Gründe haben. Wichtig ist es bei diesen Entscheidungen jedenfalls zu bedenken, welche Folgen eine mögliche Trennung für die eigene (finanzielle) Existenz hätte. Wichtige Informationen bei finanziellen Fragen im Kontext Trennung bzw. Scheidung finden Sie etwa auf der Website der Beratungsstelle Frauen* beraten Frauen*.
Pension: Obwohl das Thema Pension in jungen Jahren oft weit weg erscheint, ist es empfehlenswert, sich schon früh Gedanken darüber zu machen. Denn in Österreich besteht kein automatischer Pensionsanspruch; dieser ergibt sich auf Basis von Beitragsjahren. Berufliche Entscheidungen in jungen Jahren haben dementsprechend langfristige Auswirkungen. Wenn sich in Beziehungen mit Kindern ein Elternteil um die Kindererziehung kümmert und deshalb nicht erwerbstätig ist, kann es sinnvoll sein über Pensionssplitting nachzudenken. Durch das Pensionssplitting kann bis zum siebten Lebensjahr des Kindes ein Teil der Beiträge des erwerbstätigen Partners bzw. der erwerbstätigen Partnerin auf jenen Elternteil gutgeschriebenen werden, der für die Betreuung der Kinder hauptverantwortlich ist.
Weitere einschneidende Lebensereignisse: Trennung, Tod, Krankheit, häusliche Gewalt oder Migration können in allen Lebensphasen eintreten und haben möglicherweise massiven (negativen) Einfluss auf die eigenen Finanzen.
Wo fange ich an mich zu informieren?
Das Lebensphasenmodell kann ein guter Ausgangspunkt sein, um sich Gedanken über das eigene Verhältnis zu Geld zu machen und darüber, welche (Finanz-)Entscheidungen wir im Laufe unseres Lebens treffen (können).
Wenn Sie vor einer wichtigen Entscheidung stehen, oder wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihnen Geldfragen über den Kopf wachsen, kann es hilfreich sein eine kostenlose Beratung in Anspruch zu nehmen. Frauen- und Mädchenberatungsstellen informieren und beraten flächendeckend in ganz Österreich zu finanziellen Fragen, Herausforderungen und Problemen. Neben Einzelberatungen werden dort Workshops und Coachings für Frauen und Mädchen rund um das Thema Geld bzw. Finanzen angeboten – von Online-Webinaren, über ein Mentoring-Programm, das Frauen stärkt, die sich beruflich weiterentwickeln möchten. In den Beratungsstellen erhalten Sie Informationen und Angebote zu vielen Themen rund um Geld und Finanzen, abgestimmt auf unterschiedliche Lebensphasen und ihre individuelle Situation.
Das Projekt „Geldheldinnen – selbstbestimmter Umgang mit Geld in jeder Lebensphase“ der Frauenberatungsstelle Wendepunkt ist eine der erfolgreichen Initiativen in Niederösterreich, die Zahlen/Daten/Fakten und Wissenswertes zum Thema „Finanzbildung für Frauen“ bietet und die Finanzkompetenz von Frauen fördert. Auch der 2022 neu gegründete Österreichische Frauenfonds LEA – Let´s Empower Austria setzt einen Schwerpunkt auf Finanzbildung und vermittelt in kostenlosen Webinaren Grundlagenwissen zu diesem vielfältigen Bereich. Außerdem hat es sich LEA zum Ziel gesetzt, Vorbilder mit verschiedensten Erfolgsgeschichten sichtbar zu machen, um damit Mädchen und junge Frauen zu ermutigen selbstbestimmt ihren eigenen Weg zu gehen.
Weiterführende Links
- Frauenberufszentren in ganz Österreich
- Let’s empower Austria
- Frauenserviceportal Bundeskanzleramt
- Gehaltsrechner des Frauenministeriums
- Broschüre des Bundeskanzleramts „Frauen und Pensionen“
- Pensionssplitting
- Claudia Prudic: (M)ein gutes Verhältnis zu Geld - Österreichische Klein- und Bergbäuer_innen Vereinigung
- Verein Wendepunkt - Geldheldinnen
- Nationale Finanzbildungsstrategie - Bundeskanzleramt
- Finanzbildung (er)leben - Bundeskanzleramt